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Beschluss: Landesparteitag

20.03.2004
Die Grundwerte der SPD
Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität, die Grundwerte des demokratischen Sozialismus, sind und bleiben Maßstab sozialdemokratischen Handelns, an denen sich unsere Politik auch in schwierigen Zeiten hoher Staatsverschuldung, wirtschaftlicher Stagnation, drohender Überalterung und der Entfesselung eines sozial und ungebundenen globalen Kapitalismus zu orientieren hat. Die SPD will und kann ihre Orientierung an diesen Grundwerten nicht aufgeben, weil sie sonst ihre Geschichte und Zukunftsorientierung aufgeben würde und ihre Maßstäbe verlöre. Der demokratische Sozialismus ist ja keine Staats- oder Wirtschaftsordnung, kein bestimmtes Renten- oder Sozialversicherungssystem und schon gar keine Wohl- und Besitzstandsgarantie. Vielmehr ist er das Hineinnehmen der Rechte, Freiheit und Lebenschancen der nicht Privilegierten in den Schutz von Staat und Gesellschaft. Nicht der demokratische Sozialismus ist vom 20. Jahrhundert widerlegt worden, sondern die freiheitsfeindlichen Systeme, welche den Begriff des Sozialismus missbraucht und zum Deckmantel ihrer Diktaturen gemacht haben. Wir Sozialdemokraten erinnern an die Grundlagen unseres demokratischen Neubeginns: Es gibt keinen Sozialismus ohne Demokratie und keine Demokratie ohne Sozialismus (Schumacher/W. Brandt). Nicht der demokratische Sozialismus ist durch die Praxis widerlegt, sondern seine bittersten Feinde, die den Versuch gemacht haben, Staats- oder Privatkapitalismus in Formen der Kommandowirtschaft mit Militarismus und Diktatur in Europa dauerhaft zu verbinden. Wenn in der nachkommunistischen Ära jetzt neue Probleme auftreten, wie ein harter Wettbewerb bei Löhnen und Sozialbedingungen in Europa, eine Überforderung der Sozialsysteme durch Arbeitslosigkeit und Überalterung und schließlich ein global auftretender unsozialer Kapitalismus, dann ist das keine Widerlegung der sozialdemokratischen Grundidee, sondern eine Herausforderung, die europäisch und global nur auf der Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität gelöst werden kann. Wir Sozialdemokraten haben nie behauptet, dass unsere Grundwerte nur in Zeiten wirtschaftlicher Wohlfahrt und steigender Einkommen gelten. Gerade in krisenhaften Zeiten ist es erforderlich, Chancen für mehr Arbeit und bessere Lebenschancen für kommende Generationen zu verbinden mit Sicherungsmaßnahmen für Diejenigen, die ohne Schutz von Staat und Gesellschaft in der Gefahr sind, ihre Menschenwürde zu verlieren und in Armut zu fallen. Gegenwärtig ist es Aufgabe der deutschen Sozialdemokratie, die Wettbewerbsstellung der Arbeitnehmer in Deutschland so zu stärken, dass sie im europäischen Arbeitsmarkt eines vergrößerten Europa wettbewerbsfähig bleiben. Dazu ist auch erforderlich eine andere Art von Management und Unternehmensführung, die auch in der Lage ist, Beschäftigung zu verbessern und zu schaffen ohne eine ständige Steigerung der Produktions- und Leistungsrekorde, welche die deutsche Wirtschaft Jahr für Jahr vollbringt. Nicht die soziale Marktwirtschaft mit ihren Kompromissen zwischen Unternehmens-, Arbeitnehmer und staatlichen Sozialinteressen ist ohne Zukunft, sondern eine Wirtschaftsanschauung, die glaubt, nur neue Produktivität gewinnen zu können durch Abbau von Beschäftigungskosten zu Gunsten von Börsenrenditen und durch den Abbau von Staat auf Kosten von Armut und Arbeitslosigkeit. Es wird keine dauerhafte freiheitliche Wirtschaftsordnung in Deutschland und Europa geben ohne eine starke Sozialdemokratie, keine Wirtschaftsordnung ohne sozialen Ausgleich und keinen sozialen Ausgleich ohne funktionierende Wirtschaft und einen handlungsfähigen Staat. Dies ist die Herausforderung der deutschen und europäischen Sozialdemokraten am Beginn des neuen Jahrhunderts.