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Beschluss des SPD-Landesvorstandes vom 12. Januar 2007

12.01.2007
Verbesserung und Ausbau der Bürgerbeteiligung
1. Der demokratische Rechtsstaat ist keine „Zuschauer und Zuschauerinnen-Staatsform“. Er lebt vom Mitreden, Mitmachen und Sich-Einmischen seiner Bürgerinnen und Bürger. Deshalb sind Umfragen, die ein zurückgehendes Interesse an der parlamentarischen Demokratie signalisieren, ebenso ein Alarmsignal wie die sinkende Wahlbeteiligung bei Landes- und Kommunalwahlen. Selbst die Direktwahl kommunaler Mandatsträger konnte diesen Trend nicht aufhalten. Eine äußerst problematische Begleiterscheinung dieser Entwicklung besteht darin, dass sie von rechts-extremistischen Parteien für ihre politischen Interessen missbraucht werden kann. 2. Die Bremer SPD spricht sich dafür aus, die Regelungen zur Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der politischen Demokratie des Landes Bremen und seiner beiden Stadtgemeinden immer wieder daraufhin zu überprüfen, ob diese noch erweitert werden können. Die Bremer SPD hat mit der Veranstaltungsreihe „Dialog Stadt“ das Gespräch mit vielen Bürgerinnen und Bürger gesucht. Ein Ergebnis dieses politischen Dialogs sind die Vorschläge und Forderungen zur Verbesserung und dem Ausbau der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der politischen Demokratie, wie sie vom SPD-Unterbezirk Bremen-Stadt am 7.9.2006 beschlossen wurden. 3. Wir respektieren den Ausgang des Bürgerbegehrens für einen Bürgerentscheid über ein verändertes Wahlrecht für die Wahlen zur Bremischen Bürgerschaft. Die SPD ist mit kompetenten Kandidatinnen und Kandidaten in allen Stadtteilen gut aufgestellt. Mit einer intensiven Informationspolitik durch die öffentliche Hand, aber auch durch die Ortsvereine und Arbeitsgemeinschaften, muss erreicht werden, dass nicht nur in bürgerlichen Stadtteilen das kompliziertere Wahlrecht als Chance begriffen wird. Kumulieren und Panaschieren dürfen nicht zu Wahlenthaltungen in bildungsferneren Stadtteilen führen. 4. Wir wollen das Engagement vieler junger Menschen fördern und für die Politik gewinnen. Deshalb befürwortet die SPD die Einführung des Wahlrechts ab 16 Jahren nicht nur für die Beiräte in der Stadtgemeinde Bremen, sondern auch für die Stadtverordnetenversammlung in Bremerhaven und für die Wahl zur Bremischen Bürgerschaft. 5. Die Möglichkeiten der direkten Demokratie haben in den letzten Jahren ein größeres Interesse der Bürgerinnen und Bürger gefunden. Bürgerbegehren und Bürgerentscheide bzw. Volksabstimmungen sind in Bremen häufig an den Quoren gescheitert. Die Bremer SPD schlägt deshalb eine Reduzierung der Beteiligungs- und Erfolgsquoren Bürgerbegehren und Bürgerentscheide bzw. Volksabstimmungen vor. In Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden bzw. Volksabstimmungen muss auch über solche Fragen und Themen abgestimmt werden können, wenn sie finanzielle Auswirkungen auf den öffentlichen Haushalt haben, soweit nicht das Gleichgewicht des gesamten Haushalts gestört wird. 6. Die Bremer SPD unterstützt und fördert in der Stadtgemeinde Bremen die Arbeit der Beiräte als bürgernahe Entscheidungsgremien der Stadtteile. Die SPD-Bürgerschaftsfraktion wird gebeten, auf der Grundlage dieses Antrages eine Initiative zur Novellierung des Ortsgesetzes über Beiräte und Ortsämter zu ergreifen. Mit dem Vorschlag zur Novellierung des Ortsgesetzes über Beiräte und Ortsämter werden folgende politischen Ziele verfolgt:
  • Erweiterung der allgemeinen Aufgaben des Beirats: Durchführung von Schlichtungsverfahren im Stadtteil zur Beilegung von Konfliktsituationen zwischen den Beteiligten (so genannte Mediationsverfahren)
  • Verpflichtung der Senatsressorts auf die Durchführung von jährlichen Planungskonferenzen mit dem Beirat und die Ausweisung der Zuständigkeiten für Beiratsangelegenheiten in der Geschäftsverteilung der Ressorts
  • Entscheidungen über ausschließliche, zwei Jahre übersteigende Überlassung gemeindlicher Einrichtungen oder Teilen davon im Stadtteil an Dritte, soweit nicht durch die Bürgerschaft beschlossene Richtlinien geregelt
  • Einrichtung von Stadtteilbudgets: für die Erfüllung ihrer Aufgaben in den Stadtteilen werden den Beiräten Gesamt-Budgets zugewiesen, über deren Verwendung sie allein entscheiden.
  • Beiräte sollen entscheiden über die Benennung und Umbenennung von Büchereien, kulturellen Einrichtungen, Jugendeinrichtungen, Kindergärten, Bädern, Sportanlagen, Friedhöfen, Parks, Gärten und Landschaftsteilen, soweit deren Bedeutung nicht über den Stadtbezirk hinausgeht
  • Festlegung von Containerstandorten im Rahmen von Maßnahmen zur Rückgewinnung von Rohstoffen
  • Angelegenheiten der Schulwegsicherung
  • Einrichtung und Unterhaltung von Kinderspielplätzen.
  • Aufstellung und Abbruch von Denkmälern, Kunstwerken, Brunnen u.ä. sowie -deren Standortbestimmung und Gestaltung, soweit sie eine stadteilbezogene Bedeutung nicht übersteigen
  • Stärkung der Budgetrechte des Beirats durch die konsequente Ausweisung von stadtteilbezogenen Budgets im Haushalt der Stadtgemeinde Bremen
  • Ausweitung der Entscheidungsrechte des Beirates auf die Unterhaltung von Straßen, die nicht dem übergeordneten Netz angehören und auf den Ausbau, den Umbau, die Benennung, den Unterhalt und die Pflege von Wegen, Plätzen, Grün- und Parkanlagen sowie die Benennung von Straßen und öffentlichen Gebäuden, soweit diese stadtteilbezogen sind
  • Erweiterung der Einvernehmensregelung zwischen Beirat und Deputation dergestalt, dass im Konfliktfalle die Bremische Bürgerschaft (Stadt) debattiert und entscheidet und der „Stadtteil“ (Beirat entscheidet, ob durch Beiratssprecher/in oder Ortsamtsleiter/in) in der Bürgerschaft Rederecht erhält
  • Regelung der Leitung der Beiratssitzungen durch Beiratsbeschluss
  • Initiative für eine organisatorische Zuordnung der Beiräte und Ortsämter/des Stadtteilmanagements zur Senatskanzlei (oder Bürgerschaft oder Senator f. Finanzen)
  • Unterstützung des Aufgabenwandels der Ortsämter zum Stadtteilmanagement durch neue stadtteilbezogene Planungs- und Koordinierungskompetenzen
  • Verbindliche Wahl der Ortsamtsleiter durch die Beiräte und ihre Mitglieder
  • Stärkere Einbeziehung der Interessen und Bedürfnisse älterer Menschen durch Einbindung der Mitglieder der Seniorenvertretung und Initiativen älterer Menschen in die Entscheidungsfindung der Beiräte.
  • Die SPD-Fraktion beantragt in der Bürgerschaft die Einrichtung eines ständigen Ausschusses für Beirats- und Stadtteilangelegenheiten. Die Beiratssprecher nehmen regelmäßig an den Sitzungen teil und erhalten ein Rede-, evt. auch ein Antragsrecht. Gegebenenfalls ist die Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft entsprechend zu ändern.
7. Die Bremer SPD setzt sich dafür ein, dass zu Beginn jeder Wahlperiode und bei Bedarf Informations- und Schulungsveranstaltungen für Beiratsmitglieder angeboten werden. Zur Unterstützung der Beiratsmitglieder soll regelmäßig ein Handbuch mit den rechtlichen Grundlagen und mit praktischen Beispielen aus der Beiratsarbeit herausgegeben wird. SPD-Bürgerschaftsfraktion und Rathaus werden gebeten, die Finanzierung sicherzustellen.