Beschluss des Landesparteitages vom 09.11.2024
Worauf es jetzt ankommt: Wirtschaftliche Innovation, außenpolitische Verantwortung und sozialer Zusammenhalt
Die SPD und der Bundeskanzler haben im Koalitionsausschuss zuletzt einen Vorschlag vorgelegt, der die richtigen Antworten auf die drängenden Herausforderungen gibt und gleichzeitig ein Weg für verantwortungsvolles Handeln ist: neue Impulse für die Wirtschaft und sichere Arbeitsplätze, mehr Geld für unsere Sicherheit und die Unterstützung der Ukraine, die Senkung der Energiepreise und zusätzliche Investitionen in unser Land und eine Modernisierung der Infrastruktur. Dieser Weg wäre gangbar gewesen, wenn alle Partner Kompromissbereitschaft zum Wohle unseres Landes gezeigt hätten. Dass die FDP nicht bereit war diesen Weg gemeinsam zu gehen, reiht sich ein in die unzähligen Beispiele aus den vergangenen drei Jahren, in denen sie, verkörpert durch ihren Finanzminister, bestehende Absprachen aufkündigte und in einer Rosinenpicker-Manier ausschließlich zu ihrem eigenen Vorteil endlose Nachverhandlungen erpresste. Christian Lindner hat sich auch am Tag als Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt wurde, für Parteitaktik und Ideologie entschieden, statt die richtigen Entscheidungen für unser Land zu treffen. Eine Fortsetzung der Regierung war unter diesen Umständen nicht mehr möglich – der Bundeskanzler hat in der Folge richtigerweise die Entlassung des Finanzministers veranlasst.
Für die kommende Zeit bis zu Neuwahlen und einer neuen Bundesregierung gilt es, Stillstand zu vermeiden und jetzt auf die drängendsten Herausforderungen gemeinsam Antworten zu geben. Die genannten Herausforderungen dürfen dabei weder gegeneinander, noch gegen die grundlegenden Werte und Ziele dieses Staates ausgespielt werden:
- Investitionen in die Wirtschaft dürfen nicht in Konkurrenz zu Investitionen in Bildung und Modernisierung der Infrastruktur gesetzt werden,
- die notwendige Unterstützung der Ukraine darf in keinem Fall zu Lasten der sozialen Sicherungssysteme gehen.
Die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten erhöht den Druck, Investitionen in ein wirtschafts- und außenpolitisch starkes Europa zu tätigen, noch einmal. Die Gleichzeitigkeit der vielen Herausforderungen macht es deshalb nötig, die im Grundgesetz vorgesehene Ausnahme von der Schuldenbremse auch zu nutzen – das Ziel des Bundeskanzlers im Koalitionsausschuss war es, einen Notlagenbeschluss zu fassen, der sicherstellt, dass auch im kommenden Jahr alle notwendigen Gelder bereitgestellt werden könnten. Die verschiedenen Krisen der vergangenen Jahre sind nicht vorbei, sie aus haushaltpolitischem Kalkül wegzureden, ändert an ihrer realen Existenz nichts.
Übergang zu Neuwahlen – Verantwortung für Stabilität
Mit dem Ende der Koalition sind Neuwahlen unausweichlich geworden. Das Grundgesetz legt das Recht, die Vertrauensfrage zu stellen, bewusst in die Hände des Bundeskanzlers. Seine Verantwortung ist es, die Stabilität des Landes unter den Vorzeichen von Neuwahlen sicherzustellen. Olaf Scholz hat dazu einen Weg aufgezeigt, wie Neuwahlen in der notwendigen Ordnung und unter Zurückstellung von wahltaktischen Motiven vollzogen werden können. Jetzt liegt es an der Union, ebenfalls Verantwortung für das Land zu übernehmen und notwendige Reformen noch vor einer Parlamentsauflösung zu beschließen. Vor allem der Bundeshaushalt 2025 darf in der aktuellen Weltlage keinesfalls bis weit ins kommende Jahr hinein vertagt werden.
CDU und CSU stehen am Scheideweg als konstruktive Opposition an der Stabilität des Landes mitzuwirken oder aus kurzsichtigen Parteiinteressen zu agieren und damit die notwendige Stabilität des Landes (und Europas) zu gefährden.
Es gilt: Die SPD übernimmt Verantwortung, auch in schwierigen Zeiten. Wir übernehmen Verantwortung für dieses Land, für die Bürgerinnen und Bürger und für die Stabilität unserer Demokratie. Das hat die SPD in der Geschichte vielfach getan – und tut es auch in diesem Moment.
Jetzt ein starkes Wahlprogramm erarbeiten
Für die Zukunft liegt in dem Ende der Koalition auch eine Chance – die FDP war viel zu oft der Bremsklotz der Ampelregierung. Die Idee einer Fortschrittskoalition mit Visionen und Plänen für die Zukunft hatte ihre Gemeinsamkeiten abgearbeitet und war deshalb bereits längst begraben. Liberale Politik war von der FDP überwiegend neoliberal gemeint, sozialliberales Denken war mit der Lupe zu suchen – nahezu alle Projekte in diesem Sinne sind im Laufe der Regierungszeit von der FDP und den zuständigen Minister*innen verschleppt und liegengelassen worden. Dadurch hat auch die SPD in der Bundesregierung an Farbe verloren und war nicht immer als starke sozialdemokratische Kraft erkennbar. In den kommenden Monaten müssen wir deshalb auch an unserem eigenen Profil arbeiten und deutlich sozialdemokratische Themen benennen. Die Bestimmung eines Wahlprogramms sollte zur Sicherung des Mitgliederwillens Aufgabe eines außerordentlichen Parteitages sein.
Als Bremer SPD fordern wir für eine klar erkennbare sozialdemokratische Linie folgende wesentliche Inhalte im Wahlprogramm zu berücksichtigen:
- Stärkung des Industriestandort Deutschlands und Schaffung von Investitionssicherheit, insbesondere durch verlässlich wettbewerbsfähige Industriestrompreise und eine Modernisierung der Infrastruktur
- Investitionsförderung durch steuerliche Anreize bei Investitionen in klimaneutrale Produktion unter der Bedingung von Arbeitsplatzsicherung am Standort Deutschland
- Weiterführung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien anstelle einer (Teil-) Rückkehr in fossile oder nukleare Energieerzeugung. Beschleunigung des Ausbaus nötiger Infrastruktur für Erneuerbare Energien durch mehr öffentliche Investitionen, insbesondere: Unterstützung des Bundes beim Aufbau von Hafeninfrastruktur für Bau, Wartung und Recycling von Offshore-Windenergieanlagen und Konverteranlagen.
- Reform der Schuldenbremse mit dem Ziel höhere Zukunftsinvestitionen zu generieren
- Mehr Steuergerechtigkeit für arbeitende Menschen durch Steuerentlastungen für 95 Prozent der Einkommensteuerzahlenden und Gegenfinanzierung durch Mehrbelastung der obersten 1 Prozent. Schließung von Steuerschlupflöchern in der Erbschaftsteuer und Wiedererhebung der Vermögensteuer auf sehr hohe Vermögen.
- Zügige Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro, Abschaffung der sachgrundlosen Befristung und Stärkung der Tarifpartnerschaft durch Einführung eines Bundestariftreuegesetzes nach Bremer Vorbild
- Absage an die Rente mit 70 und gesetzliche Stabilitätsgarantie des Rentenniveaus.
- Die SPD ist die Partei der Solidarität mit den Schwächsten. Wir sorgen für gesellschaftlichen Zusammenhalt und bekämpfen die soziale Spaltung unserer Gesellschaft. Wir kämpfen für eine für eine bürokratiearme Kindergrundsicherung und für ein Bürgergeld, dass die Sicherung der Menschenwürde in den Mittelpunkt stellt.
- Sicherung von erstklassiger Bildung für alle Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen unabhängig vom Elternhaus
- Absage an Hass und Hetze und Rückkehr zu einer Kultur der Anerkennung der Lebens- und Arbeitsleistung, auch der Menschen mit Migrationsbiografie in unserem Land. Die SPD wird sich für einen sozialen Umgang mit Geflüchteten, eine durchdachte Migrationspolitik und eine vielfältige und offene Gesellschaft einsetzen.
Für uns ist auch klar: Friedrich Merz, der schutzsuchende ukrainische Familien „Sozialtouristen“ nennt, Lügen über Asylbewerbende streut und gegen den Klimaschutzzoll der EU wettert, ohne den die deutsche und die Bremer Stahlindustrie Geschichte wäre, darf nicht die Macht in Deutschland erhalten. Olaf Scholz hat mit seinem Handeln bewiesen, dass er das Wohl des Landes über seinen persönlichen Vorteil stellt. Wir werden hoch motiviert und mit voller Kraft bis zum Wahltag und darüber hinaus für unsere Ziele und Werte kämpfen – und für einen Bundeskanzler, der mit Besonnenheit zum Wohl der ganzen Gesellschaft arbeitet.