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Dieter Reinken zur Bundestagsabstimmung über einen Militäreinsatz in Syrien

03.12.2015
Der Vorsitzende der SPD-Landesorganisation Bremen, Dieter Reinken, erklärt zur morgigen Bundestagsabstimmung über einen Militäreinsatz der Bundeswehr in Syrien:
Am Freitag, 4. Dezember 2015, wird der Bundestag voraussichtlich dem Militäreinsatz der Bundeswehr im Syrienkonflikt zustimmen – auch mit der großen Mehrheit der Stimmen der SPD-Bundestagsfraktion.

Unsere Bundestagsabgeordneten stehen vor der schwierigen Frage, zu entscheiden, ob die richtige Antwort auf die Existenz des islamischen Staates (IS) als Basis von Gewalt und Terror im Mittleren Osten die Beteiligung der Bundeswehr an einem Militäreinsatz in Syrien ist.
Völlig klar ist: Die Attentate von Paris, ebenso wie die Terroranschläge von Ankara, in Mali, in Bagdad, auf das Verkehrsflugzeug über dem Sinai und in vielen anderen Teilen der Welt erfordern eine klare Antwort. Dazu gehört auch die Unterstützung der militärischen Zurückdrängung des IS – so wie sie gegenwärtig in der Region insbesondere durch regionale kurdische Kräfte geschieht.

Klar ist aber auch: Die Konflikte im Mittleren Osten sind nicht vom Himmel gefallen. Die Militäreinsätze der USA, Großbritanniens und Frankreichs im mittleren Osten und Nordafrika haben keinen Frieden geschaffen, sondern Unsicherheiten vergrößert. An die Stelle zerstörter staatlicher Strukturen im Irak und in Libyen traten keine „neue Demokratien“ sondern neue, an Religion und Stammeszugehörigkeit orientierte Machtsysteme. Die Demokratisierung in Syrien wurde nicht gestärkt, sondern unter neuen Zuspitzungen zerrieben.

Die Ursachen der Konflikte müssen in der Region mit politischen, wirtschaftlichen und sozialen Mitteln gelöst werden. Militäreinsätze können „bestrafen“, sie können Vergeltung üben, sie wirken aber nicht dauerhaft am Aufbau einer friedlichen Region mit – wie wir im Irak und in Afghanistan sehen. Unsere Bürgerschaftsfraktion hat in der letzten Bürgerschaftsdebatte deutlich gemacht: Rein militärisch werden diese Konflikte nicht gelöst werden!

Ein Militäreinsatz ist falsch, wenn er nicht von Beginn an mit einer politisch-diplomatischen Initiative verbunden ist. Dazu gehören die Einbeziehung Russlands und des Irans ebenso, wie die der Türkei und die Unterbindung der Unterstützung des IS durch Kräfte aus Saudi Arabien und aus den Golf-Staaten. Dazu gehört auch ein Umgang mit der gegenwärtigen Regierung Assads. Ein Militäreinsatz braucht zudem ein Mandat der UN. Die Geschichte des Mittleren und Nahen Ostens zeigt, in dieser Region wurden immer wieder Stellvertreterkriege geführt, bei denen der Zugang zu den Rohstoffen entscheidende Triebkraft war. Deutschland und Europa gewinnen nicht, wenn sie dort die Rolle der USA als abgewirtschaftete Hegemonialmacht übernehmen.

Es ist Aufgabe Deutschlands – und besonders der SPD – hier die Schwerpunkte für eine Friedenspolitik zu setzen. Die Chancen dafür sind dann gut, wenn konsequent ein stabiles internationales Bündnis geschaffen wird, das nicht von jeweiligen Machtinteressen dominiert ist. Dafür müssen die Voraussetzungen geschaffen werden und eine Zustimmung zum Bundeswehreinsatz in Syrien muss entsprechend konditioniert werden. Dann bleiben wir in der Tradition sozialdemokratischer Friedenspolitik, die nicht pazifistisch war und ist, sondern auf soziale und demokratische Prinzipien ausgerichtet ist.
PM:_Dieter_Reinen_zur_Bundestagsabstimmung_über_einen_Militäreinsatz_in_Syrien.pdf